19-11-2008 Honza Blaha und der Glaube des Pferdes an seinen Menschen
(S. Alfs) Der Mann mit dem Cowboyhut ist Honza Blahe, der für einen einzigen Kurs zu Martina Knapp (Pferdeparadies Lindenhof) nach Frohnhofen kam. Er schwingt sich gerade auf einen mittelschweren Haflinger und demonstriert, dass auch er seinen Rücken sichtbar heben kann. Sein Internetauftritt ließ leider nicht näher auf sein Trainingskonzept schließen, auch hat der gebürtige Tscheche noch kein Buch veröffentlicht, in dem er seine Ansätze der Horsemanship erläutert. So kamen wir völlig unvoreingenommen zu dem Horseman, der uns u.a. erklärt, dass es so viele verschiedene Möglichkeiten und Lösungsansätze in den unterschiedlichen Situationen gibt, dass man dies unmöglich auf 120 Seiten dem Leser verständlich machen könne.
Also steckt hinter Honza kein striktes System, dem man nur Schritt für Schritt folgen müsse, um mit seinem Pferd eine Einheit zu bilden. „Die Arbeit mit den Pferden ist ein tägliches Lernen und Verbessern. Wem nützen da die Erkenntnisse von vor 5 Jahren, die sich mittlerweile nur noch als Halbwahrheit herausstellen“ berichtet der Trainer über seine Arbeit.
Recht hat der 31jährige Pferdeversteher und wir sind ganz Ohr, als er von Partnerschaft mit dem Pferd spricht.
In seinen weiteren Ausführungen versucht er den Kursteilnehmern verständlich zu machen, dass wir ein Pferd so auswählen sollen, dass es körperlich und geistig in der Lage ist, unsere Wünsche zu erfüllen. Ein Pferd, das man hart trainieren muss, um unsere Ziele zu erreichen, führt kein glückliches Leben. Meistens zeigen sich die Talente des Tiers erst nach dem Kauf, aber dies sollte man respektieren und das Tier in diese Richtung fördern.
In bildlicher Sprache erklärt Honza seinen Schülern, was er damit meint: es passiert allzu oft, dass sich jemand ein tolles Pferd, einen Ferrari, kauft und quasi vergessen hat, dass er nur mit einem alten Traktor umgehen kann. Wenn der Ferrari dann mal zeigt, was in ihm steckt, freut sich der Besitzer keineswegs über die gezeigte Leistungsbereitschaft. Dann wird das tolle Pferd so lange trainiert, bis es wie ein alter Traktor läuft. Schon ist der Mensch glücklich, dass er sich nun endlich mit seinem Pferd versteht.
Nach diesem Denkstoff, der erst einmal verdaut werden musste, folgte für die 7 Teilnehmer die Praxis in Form von Bodenarbeit. Honza wies sie an, die Bereiche Hals/Kopf, Schulter und Hinterhand unabhängig voneinander zu bewegen. Er arbeitet hier wie viele seiner Kollegen mit Knotenhalfter, Bodenarbeitsleine und Stick. Zur Veranschaulichung seiner Vorgehensweise sollten sich die Schüler eine Blase um das Pferd vorstellen. Nach Möglichkeit sollte man das Pferd nicht mit dem Stick berühren müssen.
Es folgte die laterale Biegung als Vorbereitung auf die vertikale Biegung. Die Teilnehmer führten ihre Pferde mit seitlicher Biegung im Schritt wobei es hier wichtig war, dass die Pferde gerade blieben und nicht mit der Hinterhand auswichen. Mit Gertenimpulsen am Bauch wurden die Pferde motiviert, den Rücken aufzuwölben und im Hals und Genick nachzugeben. Mit dieser vertikalen Biegung wurde das Pferd nun im Schritt geführt, angehalten und rückwärts gerichtet – auch hier war Honza sehr daran gelegen, dass die Pferde gerade blieben.
Das am Boden Geübte wurde am Nachmittag in den Sattel übertragen und so übte man abwechselnd vertikale Biegungen und Dehnungshaltung am Zügel mit Knotenhalfter. Der Trainer ging sehr engagiert auf jeden einzelnen Kursteilnehmer ein und beantwortete auch Zuschauerfragen sehr ausführlich. Vieles demonstrierte er an den Teilnehmern, so z.B. dass ein Zügel für das Pferd als Balancehilfe gesehen werden kann, ohne dass es sich auf den Zügel legt oder dass wir dem Pferd im Anfangsstadium seiner Ausbildung oder bei neuen Lektionen den Zügel ruhig anbieten dürfen.
Seine anschauliche Art zu unterrichten, bewirkte viele Aha-Momente bei seinen Teilnehmern, sein Humor und die kleinen Geschichten („You got this picture?“) machten den Kurs für alle zu einem absoluten Highlight. Für Honza bedeutet „richtige Reiten“, den Druck beim Pferd aufbauen (Pressure cooking) und ihn zur vollen Kraftentfaltung auf einmal herauslassen. Er will den Druck nicht peu à peu verpuffen lassen, sondern die ganze Kraft des Pferdes spüren – und das Ganze ohne Zügeleinwirkung.
Alle Kursteilnehmern sah man seinen Einfluss nach den beiden Tagen an, dabei konnten die Teilnehmer unterschiedlicher nicht sein, das gleiche galt auch für die Zuschauer. Luise Stuppi, eine erfolgreiche Westernreiterin der EWU, wollte auch mal über den Tellerrand schauen , was sie sicherlich nicht bereute.
Neben vielen Kursen in ganz Europa bietet Honza Blaha auf seiner Anlage in der Nähe von Pilsen den Beritt bzw. die Ausbildung von Pferden jeglicher Gattung und Neigung an. Die Dressur und der Springsport sind eigentlich seine Steckenpferde … mittlerweile und geprägt durch seine längeren Aufenthalte in den USA gehört auch das Westernreiten dazu. Wir freuen uns schon auf seinen nächsten Besuch beim Pferdeparadies Lindenhof, wenn er dann mal mehr Zeit mitbringt. Der Gymnastikkurs für Pferde hätte uns dann auch noch interessiert.
Wir dürfen uns bereits auf das 2009er Kursprogramm des Pferdeparadies Lindenhof freuen. Martina Knapp hat weit und breit das vielseitigsten Angebot an Kursen und hält für 2009 einige Sahneschnittchen für uns bereit. Sie spricht mit ihren Kursen Anhänger aller Reitweisen an, ja sogar Mulis werden hier berücksichtigt. So freuen wir uns im kommenden Jahr z.B. auf Michael Geitner, Dr. Nathalie Penquitt, Linda Tellington-Jones, Amanda Barton, Peter Kreinberg, Jean-Claude Dysli und natürlich auf ein Wiedersehen mit Honza Blaha. Die Veranstaltungen findet Ihr in unserem Clinic-Kalender bzw. sie werden nochmals zeitnah angekündigt.
Mehr Bilder vom Kurs findet Ihr hier
Fotos: Susanne Alfs
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