08-11-2007 Staubbelastung für die Pferde reduzieren Fast zehn Prozent der eingesetzten Pferde gehen heute wegen unheilbaren Atemwegserkrankungen frühzeitig ab. Über 50 Prozent haben in Feldstudien nach dem vierten Lebensjahr bereits erste Schäden im Atembereich. Diese Tiere sind die Huster von Morgen, wenn die Haltungsbedingungen nicht grundlegend verbessert werden. Neben direkten Krankheitserregern, wie Viren und Bakterien, werden die Atemwege des Pferdes vordringlich durch den Staub und seine Schadstoffe geschädigt. Die medizinische Vorbeugung mit der sogenannten Hustenimpfung reicht daher nicht aus, auch die Staubbelastung für die Tiere muss in allen Bereichen konsequent reduziert werden. Hierbei ist der gesamte Haltungsbereich mit Futter, Stall und Reitanlage zu beachten.
Die Futterqualität prüfen Eine ständige Aufnahme von Stallstaub und seinen Schadstoffen führt beim Pferd letztendlich zu einer unheilbaren chronischen Bronchitis. Hustenanfälle während der Futteraufnahme und die verstärkte Bauchatmung sind Alarmzeichen für jeden Pferdehalter, unverzüglich veterinärmedizinische Hilfe in Anspruch zu nehmen. Allzu oft wird der erste Pferdehusten nicht ernst genommen und mit einer „leichten Erkältung“ missgedeutet. Pferdehusten aber ist bereits mit dem Asthma des Menschen und mit dem Entstehen einer chronischen Bronchitis gleichzusetzen. Im Futter können sich Schadstoffe, wie Pilzsporen, Milbenkot, bakterielle Giftstoffe und verschieden große Staubpartikel, befinden. Giftstoffe, die bei einem Bakterienbefall freigesetzt werden, bezeichnet man als Toxine. Hoher Gehalt findet sich regelmäßig in verunreinigtem Heu, in nicht gereinigtem Hafer und im älteren Stroh. Toxine führen beim Pferd zu schweren Entzündungen der Atemwege. Auch Pilzsporen sind in einem verunreinigten Futter stark angehäuft. Auf diese Erreger und auch auf den Milbenkot, den die Futtermilben im Stall- und Futterstaub hinterlassen, reagieren Pferde letztendlich mit schweren asthmaähnlichen Anfällen. Die Keimbelastung durch das Futter kann hier durchaus dramatisch zunehmen, wenn eine ungünstige Ernte und schlechte Lagerbedingungen vorliegen. Nicht selten werden gerade im Hafer hohe Keimbelastungen vorgefunden. Hafer muss nach der Ernte sorgfältig getrocknet und vor der Verfütterung über sechs bis acht Wochen fachgerecht gelagert werden. Vor dem Ankauf bzw. der Fütterung empfiehlt es sich eine Qualitätsprüfung durchzuführen und grundsätzlich kein feuchtes, verunreinigtes oder dumpf-muffiges Futter einzusetzen. Hafer mit einem hohen Hekto-Liter-Gewicht (über 54 kg) hat ein deutlich herabgesetztes Risiko für die Gesamtkeimbelastung. Wer sicher gehen will, kann Hafer auf die Gesamtkeimzahl untersuchen lassen. Bei Milbenbefall darf das Futter nicht mehr eingesetzt werden. Der Restfeinstaub im Krippenfutter muss bei Hustern mit Wasser oder mit Melasse gebunden werden. Staubpartikel unter 5µm gelangen beim Pferd bis in die tiefen Lungenbereiche. Hier hat pelletiertes Futter gegenüber dem schrotförmigen Futter dann doch deutliche Vorteile. So hat pelletiertes Futter einen durchschnittlichen Anteil mit tief lungengängigem Staub von 0,45 mg/m³, schrotförmiges Futter hingegen einen Anteil von 0,30mg/m³. Vor oder nach dem Schroten von Getreide kann diese Staubbelastung aber durch eine Zugabe von Pflanzenöl (ein bis drei Prozent) wirkungsvoll reduziert werden. Ein Vorgehen, dass sich insbesondere bei Pferden mit bereits vorgeschädigtem Atemtrakt empfiehlt.
Auch die Strohqualität muss stimmen Ebenso kann zu kurz gehäckseltes, verschimmeltes oder verunreinigtes Heu und Stroh zu erheblichen Gesundheitsschäden führen. Doch auch bei qualitativ hochwertigem Rauhfutter ist die Staubbelastung für Pferde oft noch zu hoch. Zur Reduktion kann Heu gewässert werden. Hierzu wird das Rauhfutter ca. eine halbe Stunde vor der Fütterung in ein Wasserbad getaucht und anschließend auf einem Rost abgetropft. Neuere Untersuchungen zeigen, dass die zeitlich längere Wässerung keinen Vorteil bringt. Durch das Wasserbad wird der Mineralstoffgehalt des Rauhfutters reduziert, weshalb auf einen zusätzlichen Futterausgleich geachtet werden muss. Die Heu-Wässerung wird unumgänglich, wenn die Pferde schon eine chronische Atemwegserkrankung haben und sie ist in vielen Reitställen leider häufig schon Routine. Mit recht gutem Erfolg wird das Rauhfutter bei bereits chronisch erkrankten Pferden auch gegen Silage bester Qualität, Heucobs oder Heubriketts ersetzt. Die Ansprüche an die Qualität der Silage sind beim Pferd allerdings sehr hoch. Auch das Stroh muss sorgfältig auf Qualität geprüft werden, schließlich wird es von den Pferden ja auch gefressen. Bei Pferden mit chronischer Bronchitis empfiehlt sich hier eine Umstellung auf eine andere Einstreu, zum Beispiel auf Holzabfälle oder auf das fast staubfreie Flachs oder Hanf. Für kleinere Bestände kann Kurzstroh Verwendung finden, dass von den Herstellern abgepackt, getrocknet und entstaubt angeboten wird. Verbrauch und Mistmenge lassen sich mit dieser Variante zugleich um gut ein Drittel reduzieren, in größeren Ställen lohnt sich auch die Anschaffung einer eigenen Häckselmaschine. Hanfeinstreu ist weitgehend staubfrei, hat eine sehr hohe Saugfähigkeit, ist gut geruchsbindend und erbringt ein erheblich reduziertes Mistvolumen. Auch Flachs bzw. Leinenstroh reduziert den Mistanfall in der Pferdehaltung bis zu 75 Prozent und ist sehr gut kompostierbar. Eine eher kostenintensive Alternative zu Stroh, die sich aber vor allem in kleineren Ställen anbietet, bei bereits erkrankten Pferden zudem meist unumgänglich wird. Bei den Holzabfällen sollte möglichst unbehandeltes Weichholz eingesetzt werden. Sehr schwer erkrankte Pferde und solche mit Staub-Allergien müssen auf einen weichen Bodenbelag (Gummibelag) ohne Einstreu umgestellt werden.
Die Stallarbeit staubarm durchführen Schon relativ einfache Maßnahmen können die Staubbelastung während der Stallarbeit um fast 80 Prozent reduzieren. Dies haben eingehende Untersuchungen an der Technischen Universität München unter Leitung von Frau Dr. Zeitler-Feicht schon vor einigen Jahren aufgezeigt. Eine besonders hohe Staubbelastung entsteht im Stall bei allen Einstreuarbeiten wie bei dem Aufschütteln von Heu und sogar auch bei dem Einschütten von Kraftfutter in die Futterkrippen. Das Rauhfutter sollte demnach nicht übermäßig aufgeschüttelt werden, Kraftfutter mit Bedacht vorgelegt werden. Immer empfiehlt sich auch ein Nasskehren der Stallgassen. Falls möglich, sollten die Pferde bei intensiven Einstreu- und Futterarbeiten in den Auslaufbereich gebracht werden. Auch die Stalllüftung muss stimmen. In vielen Pferdeställen reicht die alleinige Fensterlüftung nicht aus. Ausgewachsene Pferde benötigen einen Mindestluftraum von 30 m³, im Bereich der Pferde muss die Luftrate im Winter bei 150 m³, im Sommer bei 250-300 m³ pro Stunde liegen. In vielen Untersuchungen haben sich Außenbox und Offenstallhaltung als optimaler aufgezeigt, einfach weil die Pferde dann weniger Staubbelastung und ausreichend Luftraum haben.
Staubquelle Reithalle Den Luftverhältnissen beim Training kommt eine zentrale Bedeutung für die Gesundheit der Pferde zu. Auch hier muss die Staubbelastung bereits im Umgang mit dem gesunden Pferd konsequent beachtet und reduziert werden. Mit der Bewegung wird die Lunge des Pferdes intensiv belastet. Staubpartikel werden dann vermehrt aufgenommen. So zählt die regelmäßige Beregnung des Reithallenbodens zu den wichtigsten Haltungsmaßnahmen. Der Belag von Reitanlagen sollte besonders in den Sommermonaten mehrmals täglich regelmäßig befeuchtet, keinesfalls aber durchnässt werden. Auf dem Markt werden heute vielfältige Beregnungssysteme für Reitanlagen angeboten. Vor dem Kauf sollte ihre Brauchbarkeit möglichst unter Praxisbedingungen eingehend überprüft werden.
Haltung chronisch kranker Pferde Ist das Pferd bereits an einer chronischen Bronchitis erkrankt, dann müssen veterinärmedizinische Behandlung und die bereits angesprochenen Haltungsmaßnahmen miteinander kombiniert werden. Die Stall-Haltung chronisch kranker Pferde wird hier auf eine Minimierung der Staubbelastung in allen Bereichen ausgerichtet. Wechsel bei der Fütterung und bei der Einstreu auf kostenintensive Verfahren und die Umstellung des Stallhaltungssystems lassen sich dann bei den betroffenen Pferden nicht mehr umgehen.
Dr. Ines von Butler-Wemken
|
|