28-09-2007 

Grischa Ludwig: „Wir haben alles gewonnen, aber auch gleichzeitig alles verloren.“

 

„Wir haben auf Mallorca alles gewonnen, aber auch gleichzeitig alles verloren“, waren die ersten Worte von Grischa Ludwig nach seiner Ankunft auf dem Schwantelhof in Bitz. In der Tat. Der 33-jährige Profireiter von der Schwäbischen Alb sicherte sich zwar mit rund 45.000,00 US-Dollar an Preisgeldern den größten Batzen aus dem prall gefüllten Prämientopf, doch nach seinem Missgeschick im Finallauf ist es wahrscheinlich aus und vorbei mit seinem Traum den Titel „World Champion“ der National Reining Horse Association (NRHA) USA zu gewinnen. Mit dem zweifachen Titelträger der Deutschen Reiterlichen Vereinigung (FN) unterhielt sich Hans-Peter Viemann.

 

Alles gewonnen und doch das Ziel nicht ganz erreicht. Wie ist die Gemütslage nach den Ereignissen auf der Urlauberinsel?

Ludwig: Fakt ist, ich freue mich über das gewonnene Preisgeld. Es kann sich sehen lassen. Richtig ist aber auch, dass ich während meines Laufes im Finale abgestiegen bin. Somit habe ich wohl kaum, oder nur noch eine ganz geringe Chance auf den Titelgewinn. Aber so sind nun mal die Mechanismen im Leistungssport. Wenn man einen Wettbewerb nicht ordnungsgemäß beendet hat, aus welchen Gründen auch immer, kann alles sehr schnell vorbei sein. Damit muss man halt leben.

 

Was waren deine Ziele für die Saison 2007?

Ludwig: Zunächst steht doch einmal fest, dass man sich Ziele setzen muss um etwas Großartiges zu erreichen, denn sonst erreicht du sie nie. Das ist nicht nur im Sport so, sondern generell im Leben. Mein Endziel für dieses Jahr war der Sieg in der Gesamtwertung der NRHA USA. Doch bei allem Ehrgeiz würde ich es nicht mit Gewalt, und schon gar nicht auf Kosten meiner Vierbeiner durchziehen. Die Gesundheit meiner Pferde ist mir in diesem Falle viel wichtiger. Ich bin fest davon überzeugt, dass ich richtig gehandelt habe und würde es immer wieder so machen.

 

War denn jetzt nicht alles für die Katz, wenn ein großer Traum in die Binsen gegangen ist?

Ludwig: Nein. Mit meinem Hengst Coeur D Wright Stuff habe ich in dieser Saison fünf Mal die Bronze Trophy gewonnen. Es waren großartige Ritte die wir gezeigt haben. Die Arbeit hat sich also gelohnt. Auf Mallorca stimmte ja auch die Form. Letztendlich habe ich doch nur mit dem, in Anführungszeichen gesetzt, falschen Hengst die fordere Platzierung belegt.

 

Damit wären wir beim Finallauf. Wie war die Ausgangssituation?

Ludwig: Da Rudi seinen Lauf schon vor mir absolviert hatte, und dieser für seine Verhältnisse „nur“ mit schwachen 216,0 Punkten bewertet wurde, war für mich die große Chance da den Sack zuzumachen. Doch dann passierte das Unfassbare, mein Hengst trat sich den halben Skidboot ab.

 

Schildere bitte genau was passiert ist?

Ludwig: Nach einem + 1 Stopp und + 1 Turn passierte das Malheur: der Skidboot riss ab und ich hatte die Befürchtung, dass sich der Hengst verletzt haben könnte. Da das Pferd dann auch noch sein Bein seitlich weggestreckt hatte bin ich abgestiegen, denn von oben war nicht zu erkennen was wirklich passiert ist.

 

Wie es jetzt aussieht wird man in diesem Jahr, auf Grund des stolzen Preisgeldes in Mallorca, mit nur einem Sieg NRHA World Champion. Im Spring- bzw. Dressursport ist das nicht möglich. Dort zählt zu Recht die Leistung einer Saison. Welche Änderungen sind im Westernreiten dringend vonnöten?

Ludwig: Man müsste ein Punktesystem oder ähnliches einführen. Denn Sinn und Zweck eines Jahres- Champion-Titel ist es doch, das Pferd zu ehren welches über das gesamte Jahr die konstanteste Leistung erbracht hat. Es kann eigentlich nicht sein, dass ein Vierbeiner der nur einen einzigen guten Lauf hatte Champion wird. Allerdings muss ich der NRHA USA zugute halten, dass es erst seit drei Jahren diese hohen Preisgelder bei einigen Events zu gewinnen gibt. Zuvor war so etwas ja nicht möglich, denn da waren bei einer Show 2.000 bis 3.000 US-Dollar Preisgeld das Maximum für den ersten Platz.

 

Wie groß war die Enttäuschung? Wie sehen die weiteren Termine aus?

Ludwig: Ich gönne Rudi diesen Erfolg. Punktum. Die erste große Enttäuschung ist auch überwunden. Nachdem ich alles noch einmal habe Revue passieren lassen bin ich der Meinung, wir hatten diesmal einfach nicht das nötige Quäntchen Glück auf unserer Seite. Und das benötigt man fast immer um eine Meisterschaft oder einen Titel zu gewinnen. Zu meinen Terminen: Ende September sind wir auf der Verbraucher und Pferdemesse in Balingen. Vom sechsten bis zehnten Oktober steht die Futurity in Kreuth an, und vom elften bis 17. November geht’s zur italienischen Futurity über den Brenner nach Regio Emilia.

 

Interview: H.P. Viemann

Foto: horsemotion