10-04-2007 Morgens um halb sieben ist die Welt noch in Ordnung – was wirklich hinter Haltern steckt Wer noch mal die Halterklassen belächelt, dem kann ich ab diesem Wochenende auf der Schöllkopf Ranch Paroli geben. Und alle die meinen, dass es zum Haltern lediglich ein sauberes Pferd, tadellose Klamotten und ein zehnminütiges Training vor der Show bedarf, der hat sich gehörig geschnitten.
Was ich an diesem 1. April lernte, war weitaus mehr, als ich erwartete – und in der Regel bin ich sehr anspruchsvoll. Ein ausgezeichnet vorbereiteter Marko Dumeier erwartete uns auf der Schöllkopf Ranch im hessischen Groß-Umstadt - und gespannt auf ihren Stühlchen saßen ca. 15 wissbegierige, angehende Haltercracks.
Marko Dumeier legte auch gleich los, denn, wie wir später erfahren durften, lag noch ein hartes Stück Arbeit vor uns. In einer Power-Point-Präsentation erläuterte er die Disziplin und stellte im einzelnen die Anforderungskriterien an ein konformes Quarter Horse bzw. Paint vor. Zu jedem Kriterium folgten anschauliche Beispiele und wertvolle Ratschläge, wie man durch Training, Fütterung bzw. Kosmetik leichte Mängel am Exterieur kaschieren bzw. beheben konnte. 1.000 gute Tipps erhielten wir und ich persönlich war sehr froh, dass die Vorschläge immer konform mit den hier geltenden Tierschutzbestimmungen gingen. Marko Dumeier betonte in seinem Vortrag ganz besonders, dass man vor allen Dingen nicht am Hufschmied sparen sollte - ein Thema, was vielerorts so stiefmütterlich behandelt wird.
Nachdem er intensiv auf das Exterieur des Halterpferdes eingegangen war, folgte ein Abriss über das Haltertraining – das sollten wir aber später in der Praxis näher kennenlernen.
Da die Fütterung für den Erfolg der Halterpferde das A & O darstellt, erklärte uns der ebenfalls anwesende Dipl.-Ing. agrar. Helmut Nicklas detailliert, was bei der Fütterung von Halter– aber auch Jungpferden zu beachten ist. Hier wurde aber keinesfalls ein Patentrezept abgegeben, da die Fütterung von Pferd zu Pferd und von Trainingsphase zu Trainingsphase unterschiedlich ist. Um hier nichts falsch zu machen, hilft ein gutes Zusammenspiel von Tierarzt, Futterexperte und Züchter bzw. Trainer.
Neben der guten Fütterung ist aber auch die „tägliche" Pflege des Pferdes unerläßlich. Er empfiehlt das tägliche Striegeln, eine ebenso tägliche Pflege der Hufe durch Einölen. Den Schweif sollte man allerdings in Ruhe lassen – damit die Haare von dem vielen Rumzupfen nicht abbrechen. Natürlich wurde auch auf die Showkleidung eingegangen, die zuweilen auch mal übertrieben wird. Der showerfahrene Halterprofi empfiehlt für die Dame den Businesslook und für den Herrn Stoffhosen oder Jeans mit einem Blazer und Krawatte. Aber vor dem Anziehen kommt ja die Vorbereitung des Pferdes:
Für den Showtag gilt es, das Pferd zunächst ordentlich zu waschen und abzuziehen. Sein Tipp für einen anhaltenden Glanz ist es, das „Showsheen“ bereits auf das feuchte Pferdefell aufzusprühen. Anschließend werden die Hufe geblackt und vorher rasiert man die über den Kronrand hängenden Haare ab. So verhindert man auch, dass die Farbe sich am Fuß aufwärts verteilt. Ein besonders zeitaufwendiger Schritt ist das Einzopfen der Mähne, was wir später auch in der Praxis erlernen durften.
Die Blesse des Pferdes kann man durch Rasieren hervorheben, die weißen Beine werden mit Babypuder, welches man gegen den Strich ins Fell streicht, noch weißer. Dann wird das Showhalfter angelegt, wobei hier besonders wichtig ist, dass es korrekt sitzt. Der Schweif sollte gut verlesen sein – der Richter darf auf keinen Fall mit seinen Fingern im Schweif hängen bleiben. Schweiftoupets sind übrigens erlaubt.
Den letzten Schliff erhält das Pferd durch das Betonen dunkler Stellen am Kopf mit Babyöl. Nach so viel bzw. noch viel mehr Input folgte erst einmal eine kleinen Verdauungspause. Belegte Brötchen wurden von den Leuten der Schöllkopf Ranch gereicht und füllten unseren Magen und die Pause machte den Kopf wieder aufnahmefähig. Übrigens muss ich den Betreibern der Schöllkopf Ranch ein dickes Lob aussprechen. Neben eines Frühstücksbüffets und einem leckeren Mittagessen, gab es für mein Süßmaul auch noch Kuchen zum Kaffee – so einen Service hat man nicht bei jedem Kurs.
Im praktischen Teil sollten wir das korrekte „Einzopfen“ des Pferdes erlernen. Winzige Zöpfchen wurden abgeteilt und mit Miniaturgummis fixiert. Da musste dann jeder mal ran. Die Kunst dabei war, die Gummis an den Zöpfen so anzubringen, dass die Zöpfe auch am Hals anlagen. Nun schwante mir bereits meine zukünftige Weckzeit von 4.30 h, denn um ein Pferd komplett fertig zu machen, braucht ein Ungeübter sicher Stunden. Mit der Effilierschere demonstrierte der Halterprofi, wie man eine korrekte Linie und Form in die Mähne bringt. An verschiedenen Pferden erklärte er uns auch, dass man hier durch das Schneiden und die Art des Einzopfens einen ungünstigen Hals positiver darstellen kann.
Dann kam das von mir am meisten ersehnte Aufstellen des Halterpferdes. Marko Dumeier führte uns mit einem jungen Pferd vor, wie schnell selbst der Youngster einige wenige Befehle begreifen und folgen lernt. Das erste und wichtigste Kommando war wie in jeder anderen Disziplin auch das „Whoa“.
Zum Aufstellen fixiert man einen Hinterhuf, danach bringt man in kleinen Schritten den nächsten Hinterhuf durch minimales Vorwärts- bzw. Rückwärtsrichten in eine schöne, parallele Position, die im Idealfall einen Huf breit Zwischenraum lässt. Die Breite des Standes bei den Hinterbeinen kann man mit dem Hals verändern.
Bei den Vorderbeinen korrigiert man den Stand durch Anpacken des Widerrists und Begrenzung der Schrittgröße durch den eigenen Fuß, bzw. durch Antippen an die Schulter, um die Beine enger zusammenzustellen.
Hier braucht es vor allem Geduld! Dass dieses Konzept bei allen Pferden funktionierte, zeigte sich an der Tatsache, dass mehrere große und kleine Pferde und Ponys in der Weise von Marko Dumeier manierlich aufgestellt werden konnten.
Er schulte durch gezielte Fragen und Beispiele das Auge der Kursteilnehmer und demonstrierte uns, inwiefern man durch geänderte Stellung der Beine, die Optik des Pferdes total verändern kann. Ob wir das allerdings zuhause hinkriegen, sei mal dahingestellt.
Im anschließenden Durchspielen einer Halterprüfung inklusiv Line-Up wurde vielen Kursteilnehmern die Angst vor der Prüfung genommen. Allein durch das Wissen um den Ablauf der Prüfung, lässt es den Vorsteller sicherer erscheinen. Ein langer Tag mit extrem vielen Tipps und Tricks nahm sein Ende - und natürlich habe ich hier nicht alles verraten. Am besten meldet Ihr Euch gleich beim nächsten Kurs an.
Mein Fazit: Haltern ist weitaus mehr als das bloße Vorstellen von dicken, glänzenden Pferden. Dahinter steckt jede Menge Arbeit, Know-How und Training. Was mir aber vor allem einleuchtet ist, dass Haltern ein gezieltes und sinnvolles Training für Jungpferde ist, um sie an Disziplin und an spätere Showbedingungen zu gewöhnen, eine Grundlage für alle zukünftigen Herausforderungen – auch für Reiner und Pleasure Pferde.
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