20-10-2006

BABYBLUES

- wenn die Kleinen selbständig werden (müssen)

Der Herbst ist der Zeitpunkt, an dem die meisten, im Frühjahr geborenen Fohlen abgesetzt werden und der verantwortungsvolle Züchter stellt sich die Frage, wie man diesen drastischen Einschnitt im Fohlenleben so schonend als möglich gestalten kann.

Wir setzen zunächst voraus, dass die Fohlen im Frühjahr geboren, jetzt ihre 6 Monate erreicht haben und in einem guten, gesundheitlichen Zustand sind. Dann sollte man die Kleinen schon an die Aufnahme von Kraftfutter gewöhnt haben.

Zum Absetzen gibt es mehrere Methoden, die mehr oder weniger heiß diskutiert werden.

Da gibt es zum Beispiel das abrupte Absetzen, das viele vielleicht als "Tierdrama" schlechthin bezeichnen. Hier werden von einem Tag auf den anderen die Stuten von den Fohlen entfernt. In der Regel stallt man die Stuten und Fohlen einige Tage vorher auf und entfernt am Tag X die Mütter. Die Fohlen bleiben in Gruppen in größeren Laufboxen zurück. Die Kleinen haben sich schon an die Umgebung gewöhnt, kennen bereits seit Monaten ihre Spielkameraden und finden sich bereits nach 2-3 Tagen mit ihrer neu gewonnenen Selbständigkeit ab.

Wichtig ist es, die Stuten außer Hörweite der Fohlen z.B. auf eine entfernte Weide zu bringen.

Die Boxen der Fohlen müssen gut eingestreut und ausreichend gesichert sein, damit die Kleinen nicht die Boxenwände übersteigen können bzw. sich an scharfen Kanten verletzen. Fressgitter aus Panel haben sich bei der Fohlenhaltung auch nicht bewährt.

Nach einigen Tagen im Stall kann man die Fohlenherde auf eine stallnahe Koppel bringen. Diese ist natürlich fohlensicher zu zäunen.

Auch die Stute muss man beim abrupten Absetzen genau beobachten. Mindestens eine Woche vorher stellt man die Kraftfuttergabe ein. Auch von Leckerchen, Äpfeln oder Karotten ist bis zum vollständigen Versiegen der Milch abzusehen. Wegen der Kolikgefahr ist es nicht ratsam, die Wassergabe zu verringern.

Nach dem Absetzen überprüft man das Euter der Stute mindestens 2 x täglich. Fühlt es sich heiß und hart an, muss man sofort eingreifen. Ich empfehle prophylaktisch das dicke Einreiben des Euters mit kaltem Quark. Der Quark zieht die Hitze und beginnende Entzündungen aus dem Euter. Einer aufgestallten Stute kann man auch kühlen Salbeitee (verdünnt) zum Trinken anbieten - dies reduziert ebenfalls die Milchproduktion. Ein kleiner Ausritt, Ablongieren und viel Bewegung helfen hier auch. Wenn sich die Situation verschlimmert, muss man sofort den Tierarzt rufen!

In England setzt man die Fohlen traditionell in kleinen Schritten ab. In der Stuten-Fohlen-Herde wird die Anzahl der Stuten von Tag zu Tag reduziert. Die "Tanten" sollen sich dann um die "Waisenfohlen" kümmern und die anderen Fohlen und Geschwister lenken zusätzlich ab. Das mit den "Tanten" muss aber nicht unbedingt funktionieren, den Stuten mit Fohlen bei Fuß können zu anderen Fohlen sehr gemein sein.

Es gibt auch Fohlenhalter, die soviel Zeit und Geduld aufbringen, die Fohlen früh daran zu gewöhnen, von der Mutter getrennt zu sein. Zu Anfang wird die Stute zwei bis drei Minuten weggebracht, während das Fohlen bei der restlichen Herde verbleibt, dann wird die Trennungsdauer langsam gesteigert. Das Fohlen sollte während der Trennungszeit niemals ohne Aufsicht sein. Diese Methode ist aber bei Züchtern mit vielen Fohlen pro Jahrgang kaum praktikabel - es sei denn, man hat sonst nichts mehr zu tun.

Nach dem Absetzen, egal auf welche Weise, sollte man den Fohlen eine ausreichende Menge an Kraftfutter füttern. Die Futterumstellung und die Trennung bedeuten für das Fohlen Stress und das schwächt wiederum das Immunsystem. Es ist also auch nicht ungewöhnlich, wenn Fohlen in den ersten Wochen ihres selbständigen Lebens abnehmen.

Man muss auch dafür sorgen, dass auch das schwächste Tier in der Gruppe seine Ration bekommt. In Punkto Kraftfutter gibt es auf dem Markt viele Anbieter. An Rauhfutter rechnet man mit ca. 1 kg pro 100 kg Körpermasse.

Das Immunsystem des Fohlens profitiert wie bereits erwähnt zu diesem Zeitpunkt auch nicht mehr von dem Schutz in der Muttermilch. Es wird Zeit, das Immunsystem zu stärken und den eigenen Schutz aufzubauen. Man empfiehlt hier die notwendigen Impfungen von Tetanus und Tollwut vorzunehmen. Nur bitte nicht alles zum gleichen Zeitpunkt!. Das Absetzen schwächt in gewisser Weise das Immunsystem und ein zeitgleiches Impfen hätte bei manchem Fohlen fatale Folgen. Hier fragt man am besten den behandelnden Tierarzt.

Übrigens ist die Einzelhaltung von Fohlen für die psychische und körperliche Entwicklung eines Fohlens nicht geeignet. Fohlen brauchen Spielkameraden, um ihre Kräfte zu messen. Der regelmäßige Kontakt zu Menschen ist auch wichtig. Man kann schon mal das Putzen, das Hufe geben und das korrekte Führen üben.

Bei der Gruppenhaltung beobachtet man die Tiere gut und nimmt bei "Mobbing" entsprechende Umstellungen vor. Es ist auch nicht schlecht, jetzt schon die Jungs von den Mädels zu trennen. Jungs spielen nämlich "Jungsspiele" und das kann auch mal grob und böse ausgehen. Das zeigt auch, dass man bei der Zucht vorausplanen muss, damit später genügend Koppeln für alle da sind.

Wenn man die Fohlen nicht auf Fohlenschauen oder Halter-Shows vorstellen will, werden die Kleinen lediglich entwurmt, bekommen die Hufe regelmäßig kontrolliert und korrigiert und werden bei Weidenhaltung nur mit einer Bürste vom groben Schmutz gereinigt. Natürlich dürfen sie toben und spielen.

Wenn man doch auf Fohlenschauen oder Halter-Shows gehen will, muss man die Kleinen auf das spätere Rampenlicht schonend aber konsequent vorbereiten. Das regelmäßige Halftern, Putzen, Stillstehen, Füße hochheben und auf den Anhänger gehen ist Pflicht.

Das Wichtigste bei der Entwicklung heranwachsender Pferde sind gesunde Knochen. Hier darf es bei der Ernährung keine Mangelerscheinungen geben. Das beste Futter ist übrigens nach wie vor guter Hafer, einen Mineralfutterzusatz und alles gut mit Hächsel vermischt, damit er besser verdaut wird.

Alles in allem ist die Aufzucht von Fohlen eine verantwortungsvolle und ernste Sache, man legt hier den Grundstein für das spätere Leben dieser Pferde.

Da dieses Thema immer heiß diskutiert werden will, lasst uns bitte Eure Erfahrungen mit dem Absetzen im Forum / Haltung wissen!